Glas als Alternative zu Plastik: Aber Glas ist nicht Glas

Trinkhalme, Trinkbecher, Wattestäbchen & Co. aus Plastik gehören laut EU-Verordnung ab 2021 der Geschichte an. Es ist mit Sicherheit der richtige Schritt, ob es allerdings genug und in all seinen Details durchdacht ist, wird an dieser Stelle erst einmal offen gelassen. Wichtig ist das Signal und die Stärkung eines kritisches Bewusstseins in der Gesellschaft, warum Plastik gefährlich ist und welche Alternativen es gibt. Doch auch Augen auf bei den Alternativen.


Im folgenden Artikel lege ich den Fokus auf Glas als Alternative zu Plastik legen. Und natürlich schon mal ein Spoiler vorab: Glas ist nicht Glas.

Glasarten

Es gibt unterschiedliche Glasarten. Für uns Verbraucher sind vor allem die folgenden interessant: Kalknatronglas und Borosilicatglas.

Wisst ihr noch, dass man auf gar keinen Fall heiße Flüssigkeit in ein Glas füllen darf? Richtig! Naaa, fast! Es gibt Teegläser oder Ofenformen, denen die heiße Flüssigkeit nichts ausmacht. Das ist sogenanntes Borosilicatglas. Typisch für dieses ist, dass es eine hohe Beständigkeit gegenüber chemischen Einwirkungen und hohen Temperaturen besitzt. Kalknatrongläser stellen die größte Menge an industriell gefertigten Gläsern dar. Typisch für sie wiederum ist, dass sie sich bei höheren Temperatur schneller ausdehnen und deshalb Vorsicht geboten ist, wenn heißes Wasser in ein Kalknatronbehälterglas eingefüllt wird.

Trinkhalm aus Glas

Seit einiger Zeit gibt es Trinkhalme aus Glas. Dabei gilt es wiederum zu beachten, wie diese verarbeitet sind. Sind die Ränder ordentlich bearbeitet? Ganz billige Varianten bergen die Gefahr, dass sich kleine Glasstückchen lösen können. Die meisten der Glas-Trinkhalme sind zudem aus Borosilicatglas hergestellt. Auf den ersten Blick spricht nichts dagegen, da wie oben festgestellt, das Borosilicatglas die Eigenschaft hat, Temperaturunterschieden (sehr heiß und sehr kalt) standzuhalten. Als nachhaltige Variante taugt ein solcher Glasstrohhalm allerdings nur wenig. Denn wird er im Altglascontainer entsorgt, verbraucht er aufgrund seines höheren Schmelzgrades nur mehr Energie und wird letztendlich aussortiert oder bei höheren Temperaturen verbrannt. Demnach ist ein Strohhalm aus einem Borosilicatglas nicht recyclebar. Dies gilt ebenso auch für Trinkgläser und anderes Geschirr.

Zum Recyclegut (also Altglas) gehören zum Beispiel Marmeladengläser, Getränkeflaschen, Konservegläser, Parfümflaschen etc. Dies ist deshalb wichtig, weil aus dem Schmelzverfahren zum einen neue Glasflaschen entstehen und zum anderen die Temperatur beim Einschmelzen niedriger ist als bei der Neuproduktion. Also: Es wird weniger Energie verbraucht. Schmeißt man allerdings Glas einfach so weg (z.B. Hausmüll) wird es in der Regel einfach verbrannt, ohne, dass es zurück in den Recycling-Kreislauf zurückfinden kann. Zusätzlich ist dies mit einem größeren Energieaufwand verbunden. Generell gilt, dass Keramik und Geschirr in kleinen Mengen im Hausmüll entsorgt werden dürfen (zum Beispiel ein zerbrochener Teller). Wer Tonnen von Geschirr zu entsorgen hat, sollte allerdings besser auf den Wertstoffhof fahren.

Bunte Gläser

Prinzipiell ist Glas besser als Plastik (zum Beispiel für Lebensmittelaufbewahrung). Aufgrund seiner Beschaffenheit gibt Glas keine Schadstoffe an Lebensmittel ab und ist geruchsneutral. Doch Vorsicht: Insbesondere bei dekorierten Trinkgläsern bzw. dekoriertem Glasgeschirr (konkret: buntes Dekor, Silber- und Goldrand) kann Schwermetallabgabe (Blei und Cadmium) erfolgen. Verschiedene Tests haben (z.B. Amt für Verbraucherschutz und Ökotest) gezeigt, dass in einigen Trinkgläsern der zugelassene Gehalt deutlich überschritten war. Vorsicht ist auch bei der Entsorgung von buntem Altglas geboten. Achtet darauf, welche Glassorte es ist: So gibt es unterschiedliche Codes, die jeweils für eine Farbe stehen. Das Dreieck mit der Zahl 70 (GL) steht für farbloses Glas. Der Recycling-Code 71 (GL) für grünes Glas und 72 (GL) für braunes Glas. Die Container sind meistens gekennzeichnet.

Luftdichte Gefahr

Zusätzlich sollte auch auf den Deckel eines Glases bzw. einer Glasflasche geachtet werden. Die Deckeldichtung bei herkömmlichen/normalen Twist-Off Verschlüssen beinhaltet Weichmacher (wie ESBO/Phthalate). Insbesondere bei fett-und ölhaltigen Lebensmitteln (z.B. Mayonnaise, Pesto) können die Weichmacher in geringen Mengen in das Essen übergehen, da solche Lebensmittel den Migrations-Prozess von Schadstoffen befördern können. Deshalb gibt es mittlerweile Deckel, die komplett frei von solchen Weichmachern sind. Mit ein paar Klicks, findet ihr diese auch im Internet.

Kurz zu den Begriffen: ESBO – epoxydiertes Sojabohnenöl. Sowohl ESBO als auch Phthalate halten Kunststoffe geschmeidig und verleihen dem eigentlich spröden Kunststoff (PVC) Elastizität. Allein in Westeuropa werden jährlich rund eine Million Tonnen an Phthalate produziert. Diese finden sich unter anderem in Kabeln, Tapeten, Folien, Sport- und Freizeitartikeln.

Fazit: Glas ist definitiv besser als Plastik. Ob beim Kauf oder Aufbewahrung von Lebensmitteln. Es gibt keine Schadstoffe ab und ist geruchsneutral. Ihr habt Marmelade gekauft? Nutzt das leere Gläschen für Gewürze, Kerne, Samen etc. oder entsorgt es richtig. Ihr wollt Trinkhalme aus Glas? Schaut genau hin. Borosilicatglas ist zwar stabil, gesünder für den Menschen und besser für die Umwelt als Plastik, darf aber nicht im Glascontainer landen. Genauso gilt es auch für Deckel mit Weichmachern und bunte Trinkgläser. Im Alltag können wir dem Ganzen nicht vollkommen aus dem Weg gehen und jeder von uns hat schon mal bunte hübsche Gläser gekauft. Aber ein bewusstes und kritisches Umgehen damit spielt dabei eine große Rolle.