Wie Orte unser Essverhalten bestimmen
Nachhaltig leben, bedeutet auch, sich kritisch damit auseinanderzusetzen, wo man essen geht. Seid ihr Team “Schnell zum Falafalstand um die Ecke” oder doch “Team Feinschmecker”? Ich sage: Oft macht es keinen Unterschied. Die Zutaten sind gleich schlecht bzw. sind nicht das, was sie versprechen zu sein. Allerdings spielt der Ort, an dem wir das Essen serviert bekommen eine große Rolle. Warum, erzähle ich euch in diesem Beitrag. 😉
Essen in einem schicken Restaurant mit elegantem Ambiente oder schnell Falafel holen beim Imbiss um die Ecke? Was denken wir uns dabei beziehungsweise denken wir uns überhaupt etwas dabei?
Heute im Menü: Krabbensuppe á la Instant
Nein, die Zwischenüberschrift handelt nicht von dem billigen Imbiss um die Ecke, sondern von dem schicken Restaurant mit dem eleganten Ambiente. Schick und teuer repräsentieren im Restaurantbusiness für die meisten von uns eine gute Qualität. Das ist meistens, wirklich fast immer nur ein Mythos. Denn die Restaurants wissen das längst und spielen mit unserer psychologischen Wahrnehmung.
Die Krabbensuppe kommt in Restaurants häufig aus der Tüte und wird mit billigen Shrimps- beziehungsweise Garnelenstückchen aufgepeppt – 80 Prozent aller Restaurants in Deutschland servieren ihren Kunden mittlerweile Fertigprodukte. Es gibt nur noch wenige, die das Kochen als Handwerkskunst ansehen und ihre Köche tatsächlichen kochen lassen.
Doch wer schmeckt den Unterschied heraus? Schickes Ambiente, schicke Tischdecke und die verfestige Vorstellung, in einem guten Restaurant zu sitzen, machen es den allermeisten schwer, den industriellen Aromen und Geschmacksverstärkern zu widerstehen. Zusätzlich werden die Menschen eingenommen von der Atmosphäre des Ortes, die die anderen Gäste schaffen und in die sie automatisch hinüber gleiten. Sie lachen, trinken, reden, essen. Alles ist gut. Doch mit dem Essen ist gar nichts gut. Für die Gesundheit ist gar nichts gut. Im Endeffekt bekommt der Verbraucher nicht das, was auf der Karte steht und bezahlt für das, was er gar nicht gegessen hat. Eine flächendeckende Trickserei!
Die Regel, je günstiger ein Gericht, desto schlechter die Qualität, stimmt nicht immer. Eigentlich könnte man sagen, dass man in den allermeisten Restaurants keine gute Qualität bekommt, häufig etwas anderes bekommt als das, was auf der Karte steht, und das noch dazu vollkommen überteuert. So verhält es sich beispielsweise mit Shrimps (oder Garnelen genannt) und Scampis.
Betrug im Restaurant: Shrimps gegen Scampis
Shrimps haben einen länglichen Körper, lange Tastfühler, sind eher grau-bläulich und haben große schwarze Kugelaugen. Scampis hingegen haben Scheren, rötlichere Farbe, einen breiteren Schwanz und gehören der Familie der Hummerartigen an. Scampis sind zudem viel teurer als einfache Shrimps. Das wissen die Restaurants und nutzen deswegen auch die Tatsache aus, dass geschälte und gekochte Shrimps und Scampis sich sehr ähnlich sehen. Denn meistens bekommen die Verbraucher statt der teuren Scampis Shrimps serviert (obwohl die Karte etwas anderes verspricht). Das Geschäft boomt, denn die meisten erkennen den Unterschied nicht.
Fazit an dieser Stelle: Das Restaurant als Ort beeinflusst unsere unbewusste Wahrnehmung. Es geschieht durch die Anordnung des Raumes, durch Dekoration und die Atmosphäre. Dabei passt sich der Geschmack des Essens aus psychologischer Sicht oft an die Atmosphäre an. Und wir sind bereit, uns auf das Restaurant einzulassen und mehr Geld auszugeben.
Bewusstsein für gutes Essen
Um sich von Restaurants nicht täuschen zu lassen, sollte man ein Bewusstsein dafür entwickeln, wo man gerade isst und kritisch hinterfragen: Preis vs. serviertes Essen.
Das ist gar nicht so einfach, denn die meisten Kunden werden bereits durch die Geschmacksverstärker (wir erinnern uns an die 80 Prozent der Fertigprodukte) außer Gefecht gesetzt und genießen schon einmal ihre überteuerte und schlechte, aber durch Aromen und Glutamat gewürzte Pizza beim Italiener, eine Instantsuppe oder ein schlechtes Schnitzel. Übrigens, Begriffe wie “hausgemacht” und “selbstgemacht” sind nicht geschützt. Wenn “hausgemacht” auf der Speisekarte steht, kann die Suppe trotzdem aus der Tüte kommen. Also: Jenseits des Geschmackes denken. Denn Geschmack ist nicht Geschmack.
Man muss sich vorab die Frage nach der Qualität stellen, nach dem Preis und dem Ort: Die Qualität des Fleisches (ob Panierschnitzel, Jägerschnitzel, Huhn, Kalb, Schwein etc.) ist bei den meisten durchschnittlichen Restaurants zu hinterfragen. Auch das Preisleistungsverhältnis sollte abgewogen werden. Ein exotischer Fisch für wenig Geld? Dann ist es wohl eher nicht der richtige Fisch.
Die Form macht’s – Essen vom Fließband
Kein Garant, aber hilft oft: Die Form des bestellten Essens. Wie gesagt, 80 Prozent kommen mittlerweile aus der Tube, Tüte, Eimer und wird speziell für die Restaurants hergestellt. Der Koch muss nur noch die Packung aufschneiden, in den Topf geben und voilà. Industriell hergestellte Nahrung ist ein Massenprodukt vom Fließband und wird oft nach Maß gefertigt. Schnitzel, Rösti und Eierscheiben haben zum Beispiel immer eine Einheitsgröße. Und es ist dieses spezifische Aussehen des Essens und der spezifische Geschmack (oft bei der Instantsuppe), der es erahnen lässt, dass das Essen nicht frisch zubereitet wurde. Nun ist die Industrie natürlich auch so schlau und produziert mittlerweile extra unebene Formen, als kämen sie direkt aus Omas Küche. Auch da gilt, ein kritisches Augen darauf zu werfen.
Die Imbissbude um die Ecke
Unser Anspruch an eine Imbissbude ist meistens nicht so groß wie an ein Restaurant. Es ist günstig, es geht schnell, es ist lecker. Auch hier ist es ein Ort, der Einfluss auf uns ausübt. Und bei diesem Ort wissen schon mehr Menschen, dass sie eher ungesünderes Essen bekommen. Das Ungesunde wird aber eher auf Fett, Fleisch und generell, um es zu vereinfachen auf Fast Food reduziert. Fast Food verbinden die meisten immer noch mit Kalorien und Übergewicht. Übergewicht ist dann der Ausgangspunkt für weitere Krankheiten. Diese Tatsache ist nicht zu leugnen, aber da steckt viel mehr dahinter als nur Fett und Kalorien.
Imbissbude oder Restaurant? – Es ist dasselbe!
Ich würde so weit gehen und behaupten, dass es in vielen Fällen gar keinen Unterschied macht, ob ich mein Mittagessen schnell an der Imbissbude um die Ecke nehme oder in ein Restaurant gehe. Beide arbeiten häufig mit Fertigprodukten, sprich Farbstoffe, Geschmacksverstärker, versteckter Zucker, E-Nummern und und und. Deswegen macht es bei der Qualität des Essens keinen Unterschied. Es ist der Ort und das ihm Spezifische an sich, der uns unterschiedlich denken lässt.
Bewusstsein für die Auswahl eines Restaurants
Das klingt nicht optimistisch und weniger appetitlich. Dessen bin ich mir bewusst. Umso wichtiger ist es, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, richtig essen zu gehen, für das zu bezahlen, was die Karte verspricht und vor allem auch gesund zu essen.
Je weniger die Karte anbietet, desto frischer das Gericht
Auf unserer Reise letztes Jahr durch Südfrankreich haben wir uns bewusst ernährt. In Marseille waren wir in einem Ein-Mann-Restaurant mit drei unterschiedlichen Gerichten. Der Inhaber, der auch Koch und Kellner zugleich war, war mit so viel Leidenschaft und Liebe für das Essen beseelt. Er kochte frisch vor unseren Augen. Und es war ein doppelter Genuss, frisches Essen in einem Restaurant zu bekommen.
Je mehr und vor allem unterschiedliche Gerichte ein Restaurant auf der Karte stehen hat, um so sicherer kann man davon ausgehen, dass einiges davon industriell hergestellt ist.
Dabei geht es auch um bewussten Konsum und Nachhaltigkeit
Ein Bewusstsein dafür, in richtige Restaurants zu gehen, die nicht mit industriell abgepackten Zutaten arbeiten, schlagen sich auch im Konsum nieder. Denn dadurch werden indirekt große Konzernriesen unterstützt, die mittlerweile fast die komplette Restaurantbranche im Griff haben.
Köche haben es heutzutage schwer
Durch die günstige und einfache Variante, industriell hergestellte Zutaten schnell zu erwärmen, in den Backofen zu schieben oder kurz anzurichten, wurde der Beruf des Koches fast völlig verdrängt. Es gibt nur noch wenige, die die Ausbildung machen möchten. In Restaurants lernen sie nicht mehr, Gewürze abzustimmen oder Fleisch richtig anzubraten, sondern machen nur noch Tüten auf. Die schöne Handwerkskunst wird somit immer mehr von der Industrie weich gekocht.
Durch die industrielle Produktion entsteht viel Müll und viel Plastik. Denn die meisten Produkte werden in Plastik eingeschweißt oder verpackt.